Kilian Kienast - Mein soziales Jahr in Indien

Meine Reise beginnt

4 min

Der Koffer ist gepackt, die Flugtickets gebucht, der Abschied naht. In wenigen Wochen beginnt meine Reise nach Pune, Indien – ein Jahr, das mich vermutlich mehr verändern wird als alle achtzehn Jahre zuvor. Während ich diese Zeilen schreibe, schwanke ich zwischen Vorfreude und einer Art ehrfürchtiger Ungewissheit.

Eigentlich hätte ich nach dem Abitur direkt studieren wollen. Die Bewerbungsfristen waren gesetzt, die Studiengänge recherchiert, der Lebensplan skizziert. Doch dann wurde mir klar: Eine solche Erfahrung – ein ganzes Jahr in einem völlig anderen Kulturkreis zu leben und zu arbeiten – kann ich nur jetzt machen. Später im Leben, mit Studium, Beruf und Familie, wird sich diese Gelegenheit nie wieder bieten. Manchmal muss man den geplanten Weg verlassen, um zu verstehen, wohin er einen wirklich führen soll.

Mein Name ist Kilian Kienast, ich bin 18 Jahre alt und komme aus Berchtesgaden. Neben der Schule engagierte ich mich ehrenamtlich bei Kolping, der Freiwilligen Feuerwehr und war als Ministrant tätig. In meiner Freizeit spiele ich Fußball beim TSV Berchtesgaden, entwickle Projekte für Jugend forscht und arbeite beim Berchtesgadener Anzeiger. Zudem engagiere ich mich bei Fridays For Future und führe Gespräche mit Landtagsabgeordneten. Diese Vielfalt an Erfahrungen hat mir gezeigt, wie bereichernd es ist, über den eigenen Tellerrand zu blicken.

Das Freiwilligenprogramm Jesuit Volunteers ist eine Kooperation von jesuitenweltweit in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Jedes Jahr werden Freiwillige jeden Alters in die Welt gesendet, um in sozialen Projekten mitzuarbeiten. Dort teilen sie das Leben der Menschen, begegnen ihnen auf Augenhöhe und lernen ein Jahr lang anders zu leben. Dieses Jahr werden wir dreizehn Freiwillige sein, die in verschiedene Länder reisen: Peru, Bulgarien, Bosnien-Herzegowina, Griechenland, Indien und Vietnam. In Indien sind wir zu dritt – ich werde mit einer Mitfreiwilligen aus Karlsruhe am gleichen Ort in Pune leben, während unser dritter Freiwilliger in Nordindien, quasi im Himalaya, eingesetzt wird.

Seit Januar haben wir uns gemeinsam auf das Jahr vorbereitet. In mehreren Seminaren beschäftigten wir uns mit Themen wie Kulturbewusstsein in der globalisierten Welt, Krisen- und Notfallmanagement, Armut und Globalisierung sowie Gleichberechtigung. Diese Vorbereitungen haben mir gezeigt, dass meine Reise nach Indien nicht nur ein persönliches Abenteuer ist, sondern Teil eines größeren Geflechts globaler Verbindungen und Verantwortungen. Mein Einsatzort wird Maher sein – in der dortigen Sprache Marathi für “Haus der Mutter”. Die Organisation kümmert sich um vernachlässigte Kinder, psychisch kranke Frauen und Männer und bietet ihnen ein Zuhause. In verschiedenen Einrichtungen wie Vatsalyadam, einem Kinder- und Frauenhaus, finden sie Unterkunft, Schutz und die notwendige Betreuung. Meine Aufgaben werden vielfältig sein: Ich werde Kinder bei Schulvorbereitungen und Hausaufgaben unterstützen, tagesstrukturierende Angebote für die Frauen begleiten, sportliche und kreative Aktivitäten gestalten und bei der Organisation von Festen und Veranstaltungen helfen. Zudem kann ich meine Kenntnisse in Englisch, Deutsch und IT im Bildungsprogramm weitergeben. Seit langem beschäftigt mich die Frage, welche Auswirkungen unser westlicher Lebensstil auf andere Teile der Welt hat. Diese Gedanken entstanden nicht im luftleeren Raum – sie wuchsen aus meinem Engagement bei Fridays For Future, aus Gesprächen mit Landtagsabgeordneten, aus der Erkenntnis, dass die Welt vernetzter ist, als wir im Berchtesgadener Land manchmal wahrnehmen. Ich möchte eine andere Kultur und neue Menschen kennenlernen, aktiv helfen und erhoffe mir einen neuen Blick auf das Leben. Indien wird mir vermutlich Antworten geben, die ich nicht erwartet habe, und Fragen stellen, die ich noch nicht kenne.

Dabei bin ich mir bewusst, dass ich nicht als Retter oder Weltverbesserer nach Pune reise. Ich gehe dorthin, um zu lernen – über eine andere Kultur, über Menschen in völlig anderen Lebensumständen, über mich selbst. Wenn am Ende des Jahres beide Seiten profitiert haben, wenn neue Perspektiven entstanden sind, dann war es richtig. Ich bin überzeugt, dass ein Jahr in Indien mich nicht nur ein Leben lang begleiten, sondern auch nachhaltig verändern wird.

Ab August werde ich monatlich von meinen Erfahrungen berichten – hier im Berchtesgadener Anzeiger und auf meinem Blog postauspune.de. Ich lade Sie ein, mich auf dieser Reise zu begleiten. Nicht, weil ich bereits weiß, was mich erwartet, sondern gerade weil ich es nicht weiß. Vielleicht entdecken wir gemeinsam, dass die Welt gleichzeitig fremder und vertrauter ist, als wir dachten.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mich auf meinem Weg begleiten – sei es durch Ihr Interesse, Ihre Gedanken, Ihre Rückmeldung oder auch durch eine Spende für mein Projekt. Jede Form der Unterstützung hilft mir und vor allem den Menschen vor Ort.

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